Altruistisches Verhalten? Nur Egoismus bei Hummeln!

Altruistisches Verhalten? Nur Egoismus bei Hummeln!

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Altruismus und Egoismus sind Gegensätze: Altruismus ist die Selbstlosigkeit, bei der eigener Schaden auftritt, Egoismus ist die Eigennützigkeit.

Beispiel für Altruismus

Hummeln, Bienen oder Ameisen galten lange als altruistisch, denn die Tiere schützen ihre Hummelkönigin, selbst dann, wenn sie dabei mit dem eigenen Tod rechnen müssen und sterben (vgl. Formulierungen wie „soziale Insekten“, „Insektenstaat“), in Wirklichkeit handelt es sich aber um die sog. Verwandtenselektion, die (unbewusst) egoistisch ist. Bei Tieren zeigen auf jeden Fall Affen Altruismus, beim Menschen mindestens kleine Kinder, bei Erwachsenen mind. in Form des altruistischen Bestrafens, Stefan Zweig gibt ein Beispiel für Altruismus in seiner Erzählung.

Altruismus – warum ist das ein interessantes Thema?

Natürlich ist interessant, wieso sich die Tiere unterordnen und ihr Leben auch noch aufs Spiel setzen. Dies machen sie sogar freiwillig, ohne dass dabei Konflikte im Staat auftreten, was gerade in großen Insektenstaaten mit mehreren 10.000 Tieren geradezu unglaublich erscheint (vgl.: Polizeistaat macht friedlich?). Die Hummeln sind daher Modellorganismen zur Untersuchung sozialer Verhaltensweisen geworden.

1. Definition Altruismus & reziproker Altruismus

Schon 1957 bezog der Forscher Haldane die darwinsche Evolutionstheorie auf das Verhalten und postulierte die Verwandtenselektion (s.u.). Berühmt wurde er mit der Äußerung, er würde genau dann zum Lebensretter, wenn sich durch seinen Einsatz zwei Brüder oder acht Cousins beispielsweise aus einem reißenden Fluss ziehen ließen, selbst wenn er dabei stürbe (s. Kapitel 5). Ernst genommen wurde er aber ebenso wenig wie Richard Hamilton, der 1964 als Student in seiner Doktorarbeit alle wesentlichen Zusammenhänge zur Erklärung altruistischen und egoistischen Verhaltens aufstellte. Er war es, der fortan jedes Verhalten unter eine Kosten-Nutzen Analyse stellte und in diese auch den Verwandtschaftsgrad einbezog. Leider rechnete Hamilton in seiner Publikation so viel, dass seine Erkenntnisse unbeachtet blieben. Erst Richard Dawkins 1976 erschienenes Buch „The selfish gene“ (Das egoistische Gen) verpackte die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen in eine von Jedermann zu verstehende Sprache.

1.1. Was ist Altruismus? Stefan Zweig gibt in einer Erzählung ein Beispiel

Hier abgeguckt? Es würde mich
stolz machen: Die Süddeutsche
Zeitung
erklärt Altruismus am
Beispiel von Stefan Zweig und
Bienen – ich hier schon immer am
Beispiel von Stefan Zweig und
Hummeln. 🙂

Stefan Zweig beschreibt in seiner Erzählung „Ein Mensch, den man nicht vergisst“ den sonderlichen Anton, der sich von anderen dadurch abhebt, dass er nicht nur Bedürftigen hilft, sondern dafür auch keinen Lohn erwartet. Er verrichtet dabei zum Teil schwere Arbeit, macht seine Arbeit gut und geht. Anton lebt letztlich vom schlechten Gewissen desjenigen, dem geholfen wurde. Dieser hält Anton beim nächsten Mal rechtzeitig auf und gibt sehr viel reichhaltiger, als es für die Arbeit nötig gewesen wäre.

1.2. Altruismus ist das Gegenteil von Egoismus, reziproker Altruismus ist kein echter Altruismus

Anton, der so mit jedem, nicht nur mit seinen Freunden umgeht, zeigt eine bestimmte Form altruistischen Verhaltens und die Wissenschaften, vor allem die Evolutionsbiologie, streiten sich darüber, ob es Altruismus bei Lebewesen überhaupt geben kann. Denn: Kennen Sie einen wie Anton?

Unter Altruismus versteht man ein Verhalten, das das Wohlergehen eines anderen Organismus steigert. Definiert man Altruismus als Gegenteil des Egoismus, ist Altruismus noch viel mehr. Man handelt dann altruistisch, wenn man das Wohlergehen des anderen steigert, dies aber auf Kosten des eigenen Wohlergehens geht.

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Die Evolutionsbiologen sprechen von einem Fitnessverlust, der dann auftreten würde. „Fitness“ darf nicht im sportlichen Sinne verstanden werden. Vielmehr ist damit der Fortpflanzungserfolg gemeint, der eben dann verringert wird (Fitnessverlust), wenn der Organismus ein Verhalten zeigt, das ihm selbst schadet (Beispielsweise würde Drogenkonsum zu einem Fitnessverlust führen, da starkes Rauchen die Zahl der funktionsfähigen Spermien verringert, gleichzeitig die Zahl der Genmutationen steigt).

Altruismus ist damit etwas anderes als Kooperation. Hier hätten alle Beteiligten einen Vorteil, ein Fitnessverlust würde nicht auftreten.

Bei Anton handelt es sich aber eher um den so genannten reziproken Altruismus:

Dabei wird der Fitnessverlust in Kauf genommen, weil mit ihm die Erwartung verbunden ist, dass der Nutznießer einem gegenüber das positive Verhalten erwidert. Unterm Strich ergibt sich dadurch kein Fitnessverlust mehr, die Rechnung geht „plusminus Null“ aus. In diesem Zusammenhang würde das Sprichwort „Eine Hand wäscht die andere“ passen.

2. Auftreten von Altruismus und Egoismus bei Lebewesen

Seitdem Charles Darwin seine Evolutionstheorie vorgestellt hat, muss sich jedes Verhalten für einen Biologen erklären lassen. Abgeleitet von Darwin sind sich die heutigen Wissenschaftlicher sicher, dass auch das Verhalten im Erbgut festgelegt ist. Ob sich ein Mensch also in einer bestimmten Situation eher altruistisch oder egoistisch verhält, liegt dann an seinen Genen. Des Weiteren kann ein Verhalten in den Nachkommen nur vorkommen, wenn es dem Besitzer des entsprechenden Gens nützt, er einen so genannten Selektionsvorteil hat. Man sagt auch, dass dieses Verhalten die Fitness des Individuums steigern muss.

2.1. Evolutionsbiologie nach Darwin: Altruismus darf es gar nicht geben

Demnach kann Altruismus nach Darwin gar nicht existieren. Vielmehr müsste unter den Lebewesen Mord und Kannibalismus herrschen, denn die Fitness des Einzelnen würde steigen, wenn der Konkurrent nicht mehr leben würde und man selber den Konkurrenten auch noch als Ressource nützt, ihn also einfach auffrisst. Das gibt es tatsächlich, beispielsweise bei Sandhaien, die auch aufgrund des Kannibalismus selten geworden sind. Noch im Mutterleib fressen sich die Haijungen gegenseitig auf. Doch der Sandhai scheint eine Ausnahme zu sein. Richard Dawkins (1994, S. 123) schreibt:

„Es könnte daher scheinen, als sei die folgerichtige Taktik […] die, ihre Rivalen zu ermorden und dann am besten zu verzehren. Mord und Kannibalismus kommen zwar tatsächlich in der Natur vor, sind aber nicht so häufig.“

Stattdessen kennen wir eher unblutige Rivalenkämpfe und Drohgebärden, die häufig eine Auseinandersetzung schon entscheiden, ohne dass einer zu Schaden gekommen ist. Hatte Darwin also Unrecht? Oder wo liegt der Denkfehler?

Egoistisches Verhalten ließe sich leicht mit Darwins Theorie erklären, da sie zu einem Fitnessgewinn führt, und natürlich gibt es zahlreiche Beispiele für Egoismus. Doch gibt es nicht auch scheinbares altruistisches Verhalten?

3. Beispiele für „Altruismus“

Die Anführungsstriche in der Überschrift erklären sich in den folgenden Kapiteln 4 & 5, noch will ich nichts vorweg nehmen.

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3.1. „Mutterliebe“

Was ist mit den Vogeleltern, die einen Feind, der sich dem Nest nähert, angreifen, obwohl sie dabei Leib und Leben riskieren? Sie steigern also durch dieses Verhalten nicht ihre eigene Fitness, nur die ihrer Nachkommen, die dadurch überleben.

3.2. Brutpflegehelfer beim Graufischer

Ein Graufischerpaar zieht seine Jungen häufig nicht alleine auf. Vor allem unter schlechteren Bedingungen hilft ein weiterer Vogel bei der Nahrungssuche und dem Brüten. Dabei handelt es sich bei guten Nahrungsbedingungen um einen älteren Sohn, bei schlechteren Nahrungsbedingungen um einen älteren Sohn und ein fremdes Tier.

3.3. Warnung vor dem Feind

Was ist mit den Individuen eines Rudels, die bei der Entdeckung eines Feindes Alarm geben und dadurch die Aufmerksamkeit des Räubers noch viel stärker auf sich ziehen? Sollte es statt dieses altruistischen Verhaltens nicht sinnvoller sein, heimlich und leise die Flucht einzuleiten?

3.4. Staatenbildende Insekten

Und sicherlich das beste Beispiel für scheinbares altruistisches Verhalten: Kolonien Staatenbildender Insekten bestehen u. a. aus Tieren, die sich ihr Leben lang für die Königin einsetzen, ohne selbst einen Vorteil zu haben. Sie haben keine Nachkommen, während sie die Nachkommenschaft der Königin garantieren. In Auseinandersetzungen mit Feinden opfern sie sich sogar. Eine Biene, die sticht, verliert beim Wegfliegen mit dem Stachel automatisch auch ihr Leben. Sie stirbt um einen anderen zu schützen. Staatenbildende Insekten sind damit wahrscheinlich das größte Beispiel für Altruismus, oder?

Die Ameisenart Linepithema humile setzt sogar, was die Größenordnungen betrifft, noch einen drauf. Millionen Nester dieser Art sind auf einer Fläche mit der längsten Achse von 6000km zwischen Italien, Frankreich, Spanien und Portugal zu einer einzigen Superkolonie verschmolzen. Die einzelnen Angehörigen der Nester verkehren friedlich miteinander, während andere Ameisen, auch Ameisen der gleichen Art, die aber dann nicht zur Superkolonie gehören, angegriffen werden. Milliarden Individuen leben hier friedlich miteinander zusammen (Wieser, 2004).


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