Können Hummeln stechen?

Der Hummelstich: Können Hummeln stechen? Ja! Entgegen der landläufigen Überzeugung, Hummeln könnten nicht stechen, besitzen weibliche Hummeln sehr wohl einen Stechapparat. Bevor die friedlichen Tiere aber zustechen, gibt es eindeutige Drohungen, die ernst genommen werden sollten.

Zwei Warnungen vor dem Stich

Hummeln (Kurze Infografik zu Hummeln) stechen nicht sofort. Während die männlichen Exemplare (Drohnen) ohnehin keinen Stachel haben, wehren sich Königinnen und Arbeiterinnen allerdings nur selten gegen den Angreifer und sind relativ friedlich. Außerdem zeigen Hummeln schon vor dem Stich eine Bedrohung an:

  • Bei mäßiger Bedrohung: Die Hummel hebt ihr mittleres Bein (es ist immer das mittlere) in Richtung des Angreifers. Auch dieses Verhalten sollte als Warnung verstanden werden (und nicht als Winken wie in diesem Video).
  • Bei deutlicher Bedrohung: Die Hummel brummt sehr laut, dreht sich auf den Rücken und streckt das Hinterteil mit dem Stachel dem Angreifer entgegen. Dadurch entsteht eine Art Widerlager. Die Hummel kann sich auf dem Rücken abstützen und gleichzeitig den Stachel in den Angreifer bohren, wenn sich dieser der Hummel weiter nähert. Deshalb liegt eine erhebliche Bedrohung vor, wenn eine Hummel auf dem Rücken liegt und das Hinterende emporstreckt!
Warnung vor dem Hummelstich: Das mittlere Bein wird angehoben und dem Angreifer entgegen gestreckt.
Dieses Bild zeigt das Abwehrverhalten von Hummeln. Das Tier hebt das mittlere Bein hoch und streckt es dem Angreifer entgegen. Foto: C. Mayrhofer mit freundlicher Genehmigung für https://aktion-hummelschutz.de
Hummeln können stechen und warnen davor, indem sie auch den Hinterleib nach vorne strecken.
Auf diesem Bild kommt noch dazu, dass die Hummel das Hinterteil mit dem Stachel dem Feind präsentiert. Dies sollte man als eindeutige Warnung verstehen. Interessant ist, dass auch männliche Hummeln dieses Verhalten zeigen, obwohl sie gar keinen Stachel haben. Der Vorteil ist klar: Ein normaler Feind wird nicht zwischen den Arbeiterinnen und den Drohnen unterscheiden können. So kopiert der Drohn das Verhalten seiner Schwestern, ohne im Stande zu sein, wie diese später zu reagieren. Foto: I. Karwarth

Wann stechen Hummeln?

Hummeln wehren sich mit einem Stich, wenn sie eingezwängt sind, beispielsweise wenn man sie festhält oder ihr Ausflugloch aus dem Nest versperrt. Im Sommer, wenn das Volk auf seinem Höhepunkt ist, können sich Baumhummeln auch bedroht fühlen, wenn man sich dem Nest nur nähert. Erdhummeln werden angriffslustig wenn man das Nest öffnet.

Ist der Hummelstich schlimm?

Obwohl der Hummelstich – biologisch betrachtet – weniger schlimm als der einer Wespe oder Biene (Vergleich Biene-Hummel) ist, tut er leider doch ähnlich weh, denn auch hier wird Gift unter die Haut gespritzt.

ABER: Da bei Bienen der Stechapparat im Opfer stecken bleibt und die Giftdrüse auch nach dem Abflug der Biene weiterhin kontinuierlich Gift in das Opfer injiziert, solange der Stachel steckt, ist ein Bienenstich viel schmerzhafter als der einer Hummel. Bei dieser wird der Stachel nämlich wieder aus der Wunde herausgezogen. Es gelangt viel weniger Gift in den Körper.

Kleiner Exkurs zur Giftzusammensetzung

Die Giftzusammensetzung ist bei Bienen und Hummeln dabei sehr ähnlich, man kann also nicht sagen, dass Hummelgift giftiger als Bienengift ist (Wespengift ist übrigens anders zusammengesetzt). Wichtig im Gift ist u.a. das „Apamin“. Es ist zwar ein Nervengift, doch wirkt es weiterhin entzündungshemmend. Außerdem findet man „Melittin“. Es ist entscheidend für die Schmerzwahrnehmung. Erst 2016 konnten Wissenschaftler auflösen, wie Melittin die Schmerzen verursacht. Überraschend war, dass Melittin wirklich massive Folgen hat und vielfältig auf die Zellmembran und diverse Enzyme und Ionenkanäle wirkt (Chen et al., 2016)

Die Folgen

Nach dem Stich schwillt die Stich-Stelle an, verfärbt sich rot und die Einstichstelle wird deutlich als roter Punkt mit einem weißen „Hof“ erkennbar. Die Stichstelle brennt und wird u.U. heiß. Außerdem beginnt sie zu jucken. Bei 75% aller Personen bleibt es bei diesen Symptomen, die nach einer Woche abgeklungen sind. Dabei ist die geschwollene Partie bei diesen Personen nicht größer als 10 cm im Durchmesser und beginnt nach 24 Stunden, sich deutlich zurückzubilden. Bei etwa 22% der Bevölkerung ist die Partie größer und klingt langsamer ab, eine Allergie liegt aber in der Regel nicht vor. Etwa 3% der Bevölkerung reagieren hochgradig allergisch, so dass Lebensgefahr besteht (s.u.).

Die Schwellung wird mit typischen Anti-Histamin-Salben wie Fenistil behandelt. Außerdem hilft nach dem Stich Kühlen.

Bei Stichen im Kopf- oder Halsbereich ist ein Arzt hinzuziehen.

Hausmittel gegen den Stich

Von Hausmitteln wie

  • Zitronenscheibe auf die Einstichstelle
  • Alkohol auf die Einstichstelle
  • heißen Löffel auf die Einstichstelle

rate ich ab. Diese Prozeduren sollen die Moleküle aus dem Gift zerstören (was im Idealfall sogar klappt), jedoch zerstören sie auch körpereigene, intakte Zellen und Proteine um die Einstichstelle. Noch einmal: Kühlen und eine Anti-Histamin-Salbe helfen sehr viel besser!

Allergiker

Gefährlich wird es für Allergiker (Insektengiftallergie), die bei einem Stich in Lebensgefahr geraten können und es zu einer Schockreaktion kommt. Wahrscheinlich ist das aber nicht, da es in der Regel Wespenstiche sind, die die Lebensgefahr auslösen (aggressiveres Gift und größere Menge als bei Hummeln). Diese Patienten müssen dann ein Notfall-Pack mit sich führen (Spray, Spritze, …) und sofort einen Arzt aufsuchen.
Allergiker dieser Gruppe zeigen etwa 10 – 30 Minuten nach dem Stich weitere Symptome wie Erbrechen und Bewusstlosigkeit. Wer daher mit Bienen, Wespen oder Hummeln arbeiten will, ohne zu wissen, ob er Allergiker ist, sollte besondere Vorsicht walten lassen und nicht alleine arbeiten, so dass im Notfall durch einen Zweiten ein Arzt gerufen werden kann. Wer sich hier weiter informieren möchte, sucht im Internet nach „Anaphylaxie auf Bienen- oder Wespenstich“.

Können Hummeln beißen?

Hummeln können in Blüten kleine Löcher beißen oder Moos und anderes Nistmaterial zerbeißen. Zur Verteidigung wird aber kein Biss eingesetzt. Verfängt sich das Tier in den Haaren oder in Kleidung, kann es aber die Mundwerkzeuge einsetzen.

Literatur

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18 comments on “Können Hummeln stechen?Kommentar verfassen →

      1. wie meine Frau unsern Sohn (2 Jahre) ein Hemd anzog
        fing er plözlich an zu schreien .Es war eine Hummel im
        Hend die ihn gestochen hatte . bischen Essig und
        alles war vergessen . Wird heute noch erzählt .

  1. Da musste ich 53 Jahre alt werden, um gleich zweimal (beim befreien einer Hummel, die sich im Wohnzimmerfenster verfangen hatte) feststellen zu dürfen, dass diese doch stechen können 😉
    Und es dann auch tun, autsch. Hoffe, die gerade mit Eispack gekühlten Finger schwellen nicht zu sehr, und zumindest die Hummel ist wieder wohlbehalten im Garten!
    Gute Seite, danke!

  2. Ihrem Abraten von einer Hitze-Behandlung nach einem Stich, möchte ich auf Grund eigener Erfahrung widersprechen.

    Ich bin Barfuß-Gänger und bei aller Vorsicht steigt man da immer wieder mal auf eine Biene. Solche Stiche behandle ich immer mit Hitze. Vorzugsweise mit 50°C warmen Wasser, unterwegs nutze ich jedoch auch besagten hreißen Löffel, einen über dem Feuerzeug erhitzen Stein oder Sonnen-heißen Asphalt. Natürlich muß man aufpassen, daß man sich nicht mit zu viel Hitze verbrennt. Auf jeden Fall zerstört diese Behandlung das Gift zuverlässig, es beseitigt den Schmerz und es verhindert eine Schwellung (die bei einer dicken Barfüßer-Hornhaut extrem unangenehm wäre). Die Reizung der Haut, die durch die Hitze entsteht, läßt sich gut mit Ätherischem Lavendelöl, welches man pur auftragen kann, beruhigen. Das hilft übrigens auch gegen einen evtl. später auftretenden Juckreiz.
    Aber auch ohne die Nachbehandlung mit Lavendel merkt man so von dem Stich nach ein-zwei Stunden schon fast nichts mehr und ich kann mit dem hitze-behandeltem Stich in der Fußsohle sofort beschwerdefrei weiterlaufen! Wo hingegen ich bei den Salben aus der Apotheke eigentlich überhaupt keine Wirkung feststellen und besten Falls humpeln kann…
    Inzwischen gibt es auch handliche Geräte zur Hitze-Behandlung von Stichen, womit versehentliche Verbrennungen ausgeschlossen sein sollten, habe ich selbst jedoch noch nicht getestet.

  3. Eine tolle Seite und sehr verständlich beschrieben, wie die kleinen Tierchen sich wehren, wenn es mal nötig ist. Danke dafür und Danke für den Einsatz beim Schutz der Hummel. Klasse!! 🙂

  4. Ich gehöre eindeutig zu den 22%! Mein rechter Oberschenkel, in den ich gestochen wurde, hatte einen um 50% größeren Umgang als der linke. Jetzt, nach 10 Tagen habe ich immer noch einen Erguß im Knie, da die Schwellung nach unten gerutscht ist.

  5. Danke für die Aufklärung über diese niedlichen dicken Brummer. Ich liebe die Hummeln und möchte alles über sie wissen. Habe einen Balkon und viele Blumenkästen . Früher kamen immer Bienen , aber etwa seit 3 Jahren ist mir aufgefallen , daß nur mehr Hummeln kommen. Nur mehr vereinzelt Bienen. Möchte gerne wissen welche Blumen Hummeln bevorzugen. Danke für Ihren interessanten Beitrag !

  6. Danke für die sehr interessanten Informationen. Als Kind hab ich immer versucht mit Hummeln zu spielen,.weil die so pelzig aussehen und man mir sagte, die können nicht stechen. Jetzt hab ich gelernt, dass sie es durchaus können. Ich bin aber nie gestochen worden, obwohl ich immer versucht hab, die kleinen Pelzchen zu streicheln. Das spricht ja sehr für die friedfertigen Tierchen.

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