Bienen und Hummeln haben es ohnehin schon schwer, denn Pestizide und fehlende natürliche Lebensräume setzen den Tieren zu. Kein Wunder also, dass Imker und Hummelfreunde versuchen, durch das Füttern mit Zuckerlösung zu helfen.
Doch gerade das könnte sich als verhängnisvoll erweisen.
- Eine Studie vom vergangenen Jahr zeigte nämlich, dass die Zuckerlösung das Immunsystem schwächt und Honigbienen anfälliger für Krankheitserreger und Pestizide wurden.
- Und eine aktuelle Studie legt nun nahe, dass ausgerechnet problematische Krankheitserreger eben besonders leicht durch eine gemeinsame Futterstelle übertragen werden können.
Zuckerlösung schwächt das Immunsystem

Felix Eger von der Bienenschule, erinnerte mich kürzlich an die Ergebnisse einer Forschungsarbeit zur Bedeutung der p-Hydroxy-Zimtsäure, die ich hier in 2013 vorgestellt hatte. Diese Verbindung wird von Pflanzen produziert, Hummeln und Honigbienen nehmen sie beim Nektar- und Pollensammeln auf. Nun setzt eine positive Wirkung im Insektenkörper ein, die sich bei näherer Betrachtung aber als zweischneidiges Schwert entpuppt:
Bienen besitzen eine Reihe von Genen, die im Körper für die Entgiftung nützlich sind. Sind die Gene aktiv, können die Bienen besser eine Vielzahl von Insektiziden abbauen, u.a. das nach meinem Kenntnisstand in Deutschland und der Schweiz verbotene Mittel gegen die Varroa-Milbe Coumaphos. p-Hydroxy-Zimtsäure aktiviert tatsächlich diese Gene, so dass die Widerstandsfähigkeit der Tiere erheblich steigt.
Da viele Imker und Wissenschaftler für den colony collapse disorder Pestizide und Krankheitserreger verantwortlich machen, ist eine Aktivität dieser Gene also wünschenswert. Denn die Gifte werden dann von den Bienen besser abgebaut, was ihre Überlebensfähigkeit steigert.
Reine Zuckerlösung bietet keine p-Hydroxy-Zimtsäure, so dass die Tiere nicht so widerstandsfähig sind. Das Füttern von Zuckerlösung könnte also den Ernährungszustand zwar verbessern, gleichzeitig aber die Anfälligkeit für Pestizide und Krankheitserreger steigen lassen.
Die Lösung mancher Imker: p-Hydroxy-Zimtsäure kann man auch kaufen. 10g kosten im Internet etwa 40 Euro. Für den beschriebenen Effekt braucht man also nur die Zuckerlösung mit p-Hydroxy-Zimtsäure versetzen, es reicht dabei 1 Mikrogramm pro Gramm Zucker aus.
Doch welche Folgen hat das? Es werden dadurch mehr Gifte in der Natur verspritzt, als ohnehin schon! Denn nun kann man die Giftkonzentration erhöhen, ohne dass mehr Bienen sterben als aktuell bereits. Die Parasiten könnte man dadurch aber stärker bekämpfen. So könnte der gut gemeinte Zusatz von p-Hydroxy-Zimtsäure zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit der Honigbiene also den Pestizideinsatz noch erhöhen.
Felix Eger von der Bienenschule schrieb mir:
Die Zimtsäure wird sicher nicht DIE Lösung für die Bienenproblematik sein. Aber vielleicht kann man sie hilfreich und unterstützend einsetzen – zumindest für die Übergangszeit, in der man die eigentlichen Ursachen angeht. Wir Menschen tendieren zur Zeit leider in die Richtung, lieber riesige Summen in neue Technik und Erfindungen zu stecken (mit der aber bestenfalls die Symptome behandelt werden), als an der eigentlichen Ursache anzusetzen […]
Krankheitserreger werden besonders leicht an Futterstellen übertragen
Dazu kommt, dass ursprünglich nur bei Bienen vorkommende Krankheiten offensichtlich auch auf Hummeln übertragen werden können, wobei Honigbienen die Hummeln anstecken. Spiegel Online titelte dementsprechend:
Die todbringende Biene
Quelle
Wissenschaftler hatten zunächst untersucht, ob sich im Labor Hummeln mit zwei gefürchteten Bienen-Krankheiten infizieren lassen. Dabei handelte es sich zum Einen um das „Krüppelflügelvirus“ DWV, bei dem die Biene verkrüppelte Flügel entwickelt, die sich nicht zum Fliegen eignen und zum Verhungern des Tiers führen. Zum Anderen ging es um den Pilz Nosema ceranae, der ebenfalls tödlich wirkt.
Es zeigte sich, dass beide Erreger von der Biene auf Hummeln übertragen werden können, wobei die Lebenserwartung der Hummeln prompt von durchschnittlich 21 Tagen auf 15 zurück ging.
Nun untersuchten die Forscher, ob dies auch in freier Natur möglich ist. Etwa 750 Tiere wurden gefangen (an 26 Standorten in England jeweils 10 Bienen und 20 Hummeln) und auf das Vorkommen der Erreger untersucht.
36% der Bienen waren mit DWV infiziert, 11% der Hummeln. Die mit Nosema infizierten Tiere waren seltener (weniger als 10%), konnten aber auch gefunden werden. Die genetische Untersuchung ergab, dass die Hummeln von den gleichen Viren betroffen waren, wie die Bienen in der Umgebung. Damit war klar, dass die Bienen die Hummeln angesteckt hatten.
Als Übertragungsweg identifizierten die Wissenschaftler Blüten, die zuerst von Honigbienen, anschließend von Hummeln besucht wurden.
Dadurch würden Futterstellen mit Zuckerlösung zum Infektionsherd für Hummeln und Bienen werden, das Füttern würde schaden.
Wie ist Ihre Meinung? Sehen Sie eher die Vorteile oder die Nachteile einer Fütterung?
Passende Links
- Füttern Sie bloß nicht! Eine kritische Studie an Bienen
- Fürst MA, McMahon DP, Osborne JL, Paxton RJ, Brown MJF, 2014: Disease associations between honeybees and bumblebees as a threat to wild pollinators. In: Nature 506, 364–366, 2014, doi:10.1038/nature12977
- Deformed Wing Virus
Hallo,
habe ihren sehr wissenswerten Artikel
mit großem Interesse gelesen und frage mich, ob es gerade in einem wildblumenarmen Sommer, wie diesem, nicht doch sinnvoll ist, eine mit Zimtsäure versetzte Zuckerlösung im Spätsommer auch Wildbienen und Hummeln anzubieten? Ich wohne im südlichen Brandenburg, hier blüht seit Wochen außerhalb von Gärten fast nichts. Hummeln und Wildbienen können sich sicherlich nur bedingt auf den Winter vorbereiten. Meine
Freue mich auf Antwort
A. Scheddin
Ja, das wäre sehr gut. Kommen Sie denn an die Zimtsäure ran? Wenn ja: Der richtige chemische Name ist 4-Hydroxy-Zimtsäure oder auch p-Cumarsäure. Verwendet wurde eine käufliche Zuckerlösung zur Fütterung von Bienen, der die Zimtsäure zugesetzt wurde. Auf 1g Zuckerlösung kam 1mg der Zimtsäure. Sie brauchen also auch eine gute Waage, vielleicht ist ja eine Schule in der Nähe, deren Waage Sie aus der Chemie-Sammlung nutzen können? Fragen Sie im Sekretariat nach dem Vorsitzenden der Fachkonferenz Chemie.
Ach so, den Original-Artikel finden Sie hier:
https://www.pnas.org/content/pnas/110/22/8842.full.pdf
Ich denke, hier werden zwecks der plakativen Wirkung zuviele Pauschalaussagen getroffen. Natürlich ist Füttern nicht per se schlecht für die Hummel, wie die Überschrift glauben lässt. Wenn die Hummel nämlich sonst verhungern würde, wie es momentan in großem Maßstab passiert, ist die „Nicht-Aktivierung“ des Immunsystems durch normalen Frucht-/Rohrzucker schließlich komplett irrelevant.
Daher schaden solche Artikel den Hummeln und Bienen sogar, falls jemand nur die Überschrift liest und im Kopf behält:“Aha, Füttern schadet Bienen und Hummeln also!“, obwohl das durchaus ein kurzfristiger Ersatz für die natürlich notwendigen Blüten ist.
Sie nehmen Bezug auf die Überschrift, die aber weder plakativ noch missverständlich ist, vielmehr haben Sie das Fragezeichen nicht richtig gedeutet. Der Artikel schadet ganz sicher nicht den Hummeln, sondern macht die große Bedeutung natürlicher Futterquellen deutlich.
also ich denke dass man füttern kann/soll, bevor die Hummeln/Bienen verhungern.
Und wenn sich Bienen/Hummeln an Futterstellen und auch an Blüten mit Krankheitserregern gegenseitig anstecken, dann doch auch an Wasserstellen. Denn auch Bienen/Hummeln und andere Insekten müssen trinken. In trockenen Sommern sind Wasserstellen rar. Ich habe in meinem Garten einen relativ großen Wasserkübel der mit Pflanzen und kleinen Tieren bewohnt ist. Und noch zwei kleinere Wasserstellen mit Pflanzen, sowie einen Moorkübel mit Karnivoren und einem Moor-/Wasser-Loch. An all dem trinken im Sommer regelmäßig viele Insekten. Für Vögel und andere Tiere habe ich separate Wasserstellen aufgestellt. Aber auch an denen trinken Insekten. Wenn das stimmt, was hier gesagt wird, dann müsste ich all das für Insekten sperren, weil die sich hier mit Krankheiten gegenseitig anstecken (können). Aber ich denke, wenn die verdursten, dann ist das doch viel schlimmer. ODER? Außerdem hat man ja wohl festgestellt, dass Bienen und Hummeln sich auch ohne Fütterung gegenseitig anstecken, weil sie ja auch an die gleichen Blüten gehen. Füttern macht eh nur dann Sinn, wenn die Tiere Hunger leiden, weil schlechtes Wetter, oder gerade nichts blüht…