„Jede Art zählt!“ Gemeint ist beim sog. „Insekten-Monitoring“ aber vielmehr: „Jede Art zählen!“
Denn das Bundesumweltministerium will alle Insektenarten zählen und fragt sich, ob dabei Bürger entscheidend helfen können.
Insekten-Monitoring: Welchen Beitrag können Laien leisten?
Anfang November hatte das Bundesamt für Naturschutz eingeladen. Es ging um die Überlegung, wer die Insektenarten in Deutschland zählen kann.
Auf dieser Tagung spielte deshalb auch unser Projekt von 2017 „Gibt es schon eine Bestäuberkrise?“ eine Rolle.

Beitrag von uns: Unser Projekt von 2017
Ich stellte den Experten dazu auf der Tagung unsere Studie zur Bestäuberkrise aus dem Jahr 2017 vor. Wir hatten ja damals untersucht, ob eine Bestäuberkrise bei Hummeln vorliegt.
Abgesehen von den Ergebnissen hatte sich ja gezeigt, dass interessierte Bürger (Wir!) durchaus über mehrere Monate hinweg mit der entscheidenden Motivation und Expertise sehr gute und wissenschaftliche Ergebnisse liefern können.
Das Bundesamt für Naturschutz wollte deshalb von mir wissen: Wie motiviert man Bürger für das Zählen der Insekten beim Insekten-Monitoring? Und liefern die Laien richtige Ergebnisse?
Dazu erklärte ich den Anwesenden, wie ich die Teilnehmer angesprochen, motiviert und angeleitet hatte, wie die Auswertung und Organisation verlief. Da sich die übrigen Tagungsteilnehmer beruflich mit Insekten beschäftigen, hatte unser Projekt eine gewisse Sonderstellung.
Der politische Hintergrund zum Insekten-Monitoring
Der Grund ist das „Aktionsprogramm Insektenschutz“ (vgl. S. 15). Hiermit will das Bundesumweltministerium erfahren, welche Arten überhaupt noch in Deutschland vorkommen. Wo leben die Insektenarten? Wie entwickeln sich ihre Bestände? Das „Insekten-Monitoring“ wird definitiv kommen und ist langfristig angelegt.
Mit dem Insektenmonitoring sollen bundesweit repräsentative, standardisiert erhobene Daten zu
(Aktionsprogramm Insektenschutz, S. 15)
Langzeitveränderungen von Insekten bereitgestellt werden.
Das Insektenmonitoring ist nötig, um z.B. zu beurteilen, ob Schutzmaßnahmen erfolgreich sind und die Bestände zunehmen. Dadurch ergeben sich genaue Angaben darüber, wie viele Arten schon ausgestorben sind oder immer seltener werden. Hier sind Schutzmaßnahmen nötig.
Allerdings hat das Bundesumweltministerium nur das Ziel formuliert, nicht jedoch, wie man das Insekten-Monitoring erreichen kann. Diesen Auftrag hat das Bundesamt für Naturschutz.
Wo ist das Problem beim Zählen von Insekten?
Das Problem: In Deutschland gibt es mehr als 33.000 verschiedene Insektenarten. Diese Zahl ist aber uralt und muss deshalb längst nicht mehr stimmen. Und: Für die große Mehrheit der Insekten gibt es gar keinen Experten mehr.
Wer kann schon 9000 Zweiflügler-Arten unterscheiden?
Wo sind die Leute, die beispielsweise die vielen Mückenarten (die zu den Zweiflüglern zählen. Auch Fliegen sind z.B. Zweiflügler) unterscheiden können? So legt sich Wikipedia bei der Anzahl der Mückenarten nicht fest. Vorsichtig schätzt es immerhin die Zahl der Mückenfamilien auf „etwa“ 45.


Experten sind sehr rar – Nachwuchs fehlt
Bei manchen Insektengruppen ist die Erkennung einfach. Zum Beispiel kommen weniger als 100 Libellenarten in Deutschland vor, die sich relativ gut unterscheiden lassen. Aber wie sieht es bei den Käfern aus? Von den 33.000 Insekten sind geschätzt etwa 6500 Käferarten. Gibt es in Deutschland jemanden, der 6500 Käfer auseinander halten kann? Ein auf der Tagung anwesender Experte sagte, „Ja, die gibt es“. Er schätzt, dass es etwa 20 Personen sind, die das können. Aber er sorgt sich darum, dass es praktisch kaum Nachwuchs gibt. Welcher Jugendliche sammelt heute noch Käfer, um diese zu bestimmen? Das Insekten-Monitoring wird dann voll abhängig sein von wenigen, eher älteren Personen. Wie kann da eine langfristige Perspektive entstehen?
Manchmal ist ein DNA-Test nötig
Dabei muss einem bewusst sein, dass sich viele Arten beim flüchtigen Blick darauf nicht unterscheiden lassen. Auch bei Hummeln hilft manchmal nur ein DNA-Test oder eine Untersuchung der Genitalien, um die Art sicher bestimmen zu können. So ist es auch bei anderen Gruppen, wo auch Experten DNA-Tests benötigen, wie die Expertin vom „Mückenatlas Deutschland“ bestätigte.
Ergebnisse
Das Bundesamt für Naturschutz wird sich mit der Planung des Insekten-Monitoring in diesem Jahr beschäftigen und ein Konzept beschließen. Die dazu verrieten die Verantwortlichen noch nichts. In 2020 soll das Zählen starten.
Ich vermute, dass
- es einerseits nicht ohne Laien geht (und gehen sollte). Einfach, weil die Zahl der gefundenen Tiere sehr viel höher ist, als wenn nur Experten die Tiere zählen. Außerdem kommt es so zu einer Verankerung des Projekts in der Bevölkerung, was zum Schutz der Insekten beiträgt.
- Experten nötig sind. Denn nur diese können mehrmals im Jahr wissenschaftlich standardisiert auch seltene Arten sicher unterscheiden und haben die Möglichkeiten dazu.
Ich hoffe, dass
- die einzelnen Institute und Verbände Geld für entsprechende Stellen bekommen: Wir brauchen mehr Experten!
- das Projekt wirklich alle Arten einbezieht und man sich nicht, beispielsweise mangels Geld oder Experten, auf einzelne Arten beschränkt.
Heutzutage sammelt ZUM GLÜCK kaum mehr einer Käfer und Schmetterlinge, denn genau so hat man die Arten auch drastisch reduziert! WIe sehen die DNA-Proben bei Hummeln aus? Müssen dafür auch noch die letzten, seltenen Tiere (u. a. aufgrund von Stress!) sterben? Oder geht das schonender? Danks für Ihre Antwort.
Für die DNA-Probe braucht die Hummeln nicht sterben. Man fängt sie, knippst ein winziges „Zehen“-glied eines Fußes ab und nutzt die darin befindliche DNA. Das Tier hat keinerlei Beeinträchtigungen.
Das Sammeln von Insekten ist aus wissenschaftlicher Sicht leider manchmal nötig. Es hat aber sicherlich nicht zum Lebensraumverlust und einer industriellen Landwirtschaft beigetragen, die die Hauptursachen für das Insektensterben sind.
Den Artikel fand ich sehr gut.
Leider bin ich bei den Sternen verrutscht.
Und dadurch ist die Bewertung zu gering. Sorry.
Als ich vor 20 Jahren gehört habe wie Insekten gefangen werden um Käfer zu bestimmen, war ich sehr um Hummelköniginnen besorgt.
Mittlerweile glaube ich nicht, dass es sich auf die Gesamtpopulation auswirkt. Wo vor 15 Jahren noch blühende Randstreifen an Straßen und Feldwegen waren, ist heute nichts mehr.
Weil nicht nur die Landwirtschaft sich verändert hat, sondern auch die Straßen und sogar Feldwege werden breiter. Die Randstreifen verschwinden komplett.
Sogar Trampelpfade werden zu drei Meter breiten Wegen, durch Freizeitaktivitäten in der Natur.
Es ist mir eine große Hilfe, das Wissen welche Pflanzen speziell für Hummeln wichtig sind.
Ich möchte mich an dieser Stelle für das Engagement von Cornel bedanken.
Vielen Dank dafür!
Der Österreichische Naturschutzbund macht auf der Plattform http//:www.naturbeobachtung.at seit Jahren Insektenforschung u.a. mit Laien. Hummelforschung ist für mich seit 5 Jahren mein liebstes Hobby. Von jeder Hummel, die ich finde, mache ich mehrere Fotos von allen (zur Bestimmung relevanten) Seiten, die ich zunächst in ein Forum stelle, wo die Bestimmung durch Experten erfolgt, die auch mit Großer Geduld und Ausdauer erklären, warum es sich um welche Hummelart handelt. So habe ich im Verlauf der Jahre die Bestimmung der einzelnen Hummelarten und -geschlechter ganz gut gelernt. Für mich ist es auch von Wichtigkeit, die Nektarquellen der einzelnen Hummeln mit auf das Foto zu nehmen und die Pflanzennamen anzufügen. Nach der Bestimmung erfolgt die Meldung der Hummel mit Foto und Hinweis auf die Forumsseite auf der Meldeplattform, wo sie nochmals von Experten validiert wird.
Die Plattform hat im Jahr 2018 beim Citizen Science Award des Bundesministeriums f. Bildung, Wissenschaft u. Forschung mit dem Projekt „Faszinierende Vielfalt Hummeln“ teilgenommen, wo mir einer der 3 Preise zugedacht wurde und mir die Angabe der Nektarquellen viele Bonuspunke eingebacht hat. Das ist natürlich für weitere Forschungsarbeit sehr anregend, nicht nur für mich persönlich. Weiters haben an diesem Projekt viele Schulen teilgenommen, und ich finde es ungemein wichtig, dass den Kindern und Jugendlichen eine Sensibilität für die Wichtigkeit der Hummeln als Bestäuber und für die essentielle Notwendigkeit der Bestäubung an sich beigebracht wird.
Soweit mein persönlicher Bericht zum Thema Laienforschung, weiteres kann auf der o.a. Plattform erfragt werden.
Mit herzlichen Grüßen
Engagiere mich auch sehr im Hummelschutz in Oö., konnte im Vorjahr am Feuerkogel viele Eisenhuthummeln + Distelhummeln beobachten und fotografieren. Bin auch in einem Hummelforum aktiv! Beste Grüße! Christian
Laien mit einzubeziehen halte ich für unentbehrlich ! So wird das Interesse i bei Naturfreunden geweckt – vielkeicht rekrutiert das ja auch Experten. Und vor allem werden etliche für die Lebensbedürfnisse dee verschiedenen Arten sensibilisiert.
Die Spielregel muss dabei konsequent heißen: nur fotografieren ohne zu stören! Das fangen und Zehen amputieren sollten wirklich nur die Experten praktizieren!
Das Insektensterben wird auch durch eine Zählung nicht aufgehalten. Nach der Zählung stellt man dann fest: Ach ja, tatsächlich immer weniger Insekten. Anstatt zu handeln, wird immer nur geredet und geredet. Ab und zu werden Pläne geschmiedet, aber – wenn überhaupt – nur sehr zögernd und tröpfchenweise umgesetzt. Sofortige großflächige und umfassende Maßnahmen müssen her, JETZT, nicht erst in ein oder zwei Jahren! Es müssen jetzt und vor allem sofort umfassende Taten folgen – und die kommen einfach nicht. Die Ursachen (der Mensch) des Insektensterbens sind doch glasklar: Desinteresse, Ignoranz, Profitdenken, früher vorhandene und jetzt immens fehlende, ineinanderübergehende breite Blühstreifen zwischen den heutigen (Monokultur-)Feldern (damit die Insekten „wandern“ können), Bereinigung, Flächenversiegelung, immer mehr Pestizide.
Ich versuche auch mit möglichst viel Fotos von relevanten Körperstelle die Art zu bestimmen. Das gelingt leider nicht immer.
Es gibt zum Beispiel Sandbienenarten, die lassen sich so durchaus bestimmen, aber die meisten Sandbienen muss man einfach direkt lebend oder manchmal tot untersuchen. Sonst gelingt eine Bestimmung nicht. Wozu bestimmen? nur wenn man weiß, mit welcher Art man es zu tun hat, kann man gezielte Schutzmaßnahmen ergreifen.
Dennoch, es wäre klasse, wenn die Lebensräume (vielfältige) erhalten bleiben würden, dann müsst man sich nicht so sehr um einzelne Arten kümmern.
Zur Argumentation fangen und töten oder nicht empfehle ich die Argumentationen von: A.H.Segerer/Eva Rosenkranz: Das Grosse Insektensterben, oekom2017.
AzB. als es noch „viele“ gab, sind täglich tonnen an Insekten an Fahrzeugfronten „gesorben. Nicht für die Wissenschft!…Aber es gibt weitere berechtigte Argument. Lest bitte dort.
freundliche Grüße an alle Insektenliebhaber.
Wir haben im Jahr 2000 ein Haus mit großem Garten gekauft. Seitdem ist kein Kunstdünger geschweige denn ein Pestizid oder Herbizid zum Einsatz gekommen. Auch ohne dass ich Insektenhotels oder ähnliches aufgebaut habe, haben wir sehr viele Arten. Ich denke, dass der Einsatz der Gifte und Dünger in der konventionellen Landwirtschaft das größte Problem darstellen. Noch vor der Monokultur. Denn auch in der Monokultur gibt es automatisch „Wildwuchs“, wenn keine Gifte eingesetzt werden.
Auch von mir danke an den Ersteller dieser Seite für sein Engagement. Nur gemeinsam kann man etwas bewegen.
Wenn es um Hummeln geht, bin ich dabei, aber schon bei Wanzen kann ich nur staunen, aber kaum mehrere Arten bestimmen, und bei Käfern hört es ganz auf. Aber die ganze Aktion finde ich zum Schutz unserer Insekten notwendig.
Eine wichtige Ursache für das Insektensterben ist das Mähen und Mulchen der Straßen- und Wegränder und sogar von Flächen. Inerhalb von einem, spätestens zwei Jahren ist die Vielfalt an Blütenpflanzen verschwunden und mit ihnen die Insekten. In unserer Region zwischen Allgäu und Lindau konnte ich es sehr gut beobachten, am auffälligsten war das für uns an den Schmetterlingen zz sehen: wo vorher Widderchen , Bläulinge und Scheckenfalter in mehreren Arten zuverlässig jedes jahr ihren Lebensraum besiedelten, verschwanden sie völlig und leben nur noch auf inslartigen Streu- und Feuchtwiesen, auf denen der Bestand von Jahr uu Jahr schrumpft.
Kommunen und Straßenmeistereien müssten unbedingt schon in diesem Jahr umstellen: Mahdgut immer entfernen, seltener mähen. Dann wäre auch wieder eine Vernetzung der Lebensräume möglich. Allerdings dauerte es einige Jahre, bis die Böden wieder ausreichend nährstoffarm für die ursprüngliche Wegrandflora wären .
Schau mal nach bei https://www.kommbio.de/home/ und versuche das in deiner eigenen Kommune zu erreichen…
Der Nabu hat ja 2 Mal jährlich eine Insektenzählung – mit der entsprechenden app ist es auch möglich Insekten zu bestimmen, wenn sie sich fotografieren lassen. Also ich denke eine Volkzählung für die Insekten ist durchaus möglich. Fehler kommen sicherlich vor, aber es ist auch möglich viel zu lernen. Natürlich müssten Städte und Kommunen dazu verpflichtet werden für Insekten Raum zur verfügung zu sellen und nicht alles zu mähen und zu jäten und zu pflasten und zu versiegeln.
solche projekte sind meiner meinung nach nur noch dazu geeignet, den zeitpunkt des handelns weiter hinauszuschieben!
Guten Abend,
als Leiterin einer Jugendgruppe würde ich mich freuen, wenn Sie mir bereits jetzt einige Informationen bzw. Termine, Daten für das Jahr 2020 zusammen stellen könnten, damit ich den Terminplan für das kommende Schuljahr damit bestücken kann. Wann wird nächstes Jahr gezählt?
Ich bedanke mich für Ihr Engagement.
Mit freundlichen Grüßen
Sabrina Höcker
Bayern