Hummeln und Schädlinge führen zur Evolution von Pflanzen. Weil das innerhalb von nur sechs Generationen (sechs Jahren) passierte, handelt es sich um eine rasche Evolution („Rapid Evolution“). Normalerweise läuft die Evolution sehr viel langsamer ab.
Einführung ins Experiment
Welchen Einfluss haben Hummeln und Schädlinge auf die Blütengestalt? Das untersuchten Forscher der Uni Zürich an Rübsen, einer mit dem Raps verwandten Pflanze.

Blüten sind evolutionär gesehen das Wichtigste an der Pflanze. Denn für die Evolution zählt nur, wie viele Nachkommen die Pflanze hat. Erfolgreich ist die Sorte, die viele Nachkommen hat.
So erscheint es sinnvoll die Blüten so attraktiv zu machen, dass viele Bestäuber heranfliegen. Durch die vielen bestäubten Blüten entstehen dann wiederum viele Samen.
Aufwändige Blüten kosten aber viel Energie. Was, wenn die Pflanze die Energie nicht hat?

Der Versuch
Die Forscher erzeugten vier verschiedene Situationen, die sie mit Dunklen Erdhummeln durchspielten:
- Hummeln bestäubten die Rübsen-Blüten.
- Die Forscher bestäubten die Rübsen-Blüten per Hand.
- Wie 1 (Hummeln als Bestäuber). Aber die Pflanze musste gleichzeitig mit Schädlingen fertig werden. Die Schädlinge waren Raupen, die an den Blättern fraßen.
- Wie 2 (Bestäubung per Hand). Aber auch hier musste die Pflanze gleichzeitig mit den Raupen fertig werden.

Die Ergebnisse
- Hummeln führten zu anderen Blüten. Diese waren größer und dufteten stärker. Das passierte schon nach sechs Generationen.
- Bestäubten die Forscher selber, veränderten sich die Blüten nicht.
- Musste sich die Pflanze gegen Raupen wehren, investierte sie in Abwehrgifte. Die Blüten blieben kleiner und dufteten weniger. Auch der Bestäubungserfolg durch Hummeln war geringer. Gleichzeitig wuchsen Narbe und Staubbeutel näher in der Blüte. Das hat zur Folge, dass die Selbstbestäubung wahrscheinlicher wird.

Die Erklärung
Hat die Pflanze keine Probleme, nutzt sie die ganze Energie für die Werbung um Hummeln. Sie biedert sich regelrecht mit hübschen und duftenden Blüten den Tieren an.
Diese Energie fehlt, wenn die Pflanze in den Kampf mit Schädlingen ziehen muss. Jetzt erscheint eine andere evolutionäre Strategie sinnvoller: Überleben! Deshalb produzierte die Pflanze Bitterstoffe gegen die Raupen. Aber weil das automatisch zu unattraktiveren Blüten führte, waren die Blüten für die Hummeln auch uninteressanter.
Deshalb geht diese Strategie einher mit einer Tendenz zur Selbstbestäubung. Denn auf die Hummeln kann sich die Pflanze dann nicht mehr verlassen.
Literatur
- Ramos SE, Schiestl FP, 2019: Rapid plant evolution driven by the interaction of pollination and herbivory. In: Science , 2019, Vol. 364, Issue 6436, pp. 193-196
- Pressemitteilung Uni Zürich
Weitere Links zur Evolution und Hummeln
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- Bestäubung und Sammelstrategien (Foraging) bei Hummeln
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