Stadt-Hummeln geht es besser als auf dem Land

Vermuten konnte man es ja schon länger: Dass Hummeln in der Stadt einfach mehr Nahrung finden und Insektiziden weniger stark ausgesetzt sind als Tiere, die in der Umgebung landwirtschaftlich genutzter Flächen leben, das war doch eine allgemein akzeptierte Regel.

Aber wie groß sind die Unterschiede?

Nun konnte ein britisches Forscherteam aber das beweisen und Aussagen darüber treffen, wie groß die Unterschiede sind bzw. wie schlecht es den Hummeln auf dem Land geht.

Das Experiment

So sahen die ausgesetzten Kästen aus.
Foto: Samuelson AE, 2018, Studie unter CC-Lizenz BY 4.0

Dazu fingen die Forscher Königinnen der Dunklen Erdhummel ein, ließen diese in einem künstlichen Nistkasten einen Staat gründen und setzten die Kästen an verschiedenen Orten wieder aus. Es gab entweder

  • rein ländliche Regionen,
  • Vororte mit vielen Gärten und
  • städtische Lagen.

Dann beobachteten sie, wie viele neue Königinnen das Volk produzierte, also, wie gut die Vermehrung des Volks war, und notierten weitere Parameter, die eine Aussage über den Zustand des Staats machten.

Die Ergebnisse

Raps
Vor allem Raps bietet den „Land-Hummeln“ Nahrung. Ist er verblüht, wird es eng.

Es gab einen signifikanten Zusammenhang zum „Wohnort“ der Hummeln. Die Staaten, die in städtischer Umgebung lebten (Vororte und Innenstadt), erzeugten mehr Jungköniginnen (hatten eine größere „evolutionäre Fitness“). Hier entstanden zwischen 20 und 30 Jungköniginnen pro Volk, bei den „Land-Hummmeln“ nur einzelne Jungköniginnen. „Stadt-Hummeln“ hatten insgesamt mehr Individuen, größere Nektar- und Pollenvorräte, weniger Parasiten und überlebten länger. 60% der „Land-Hummeln“ waren durch die Kuckuckshummel Bombus vestalis parasitiert, bei den „Vorort-Hummeln“ waren es 20%, bei den „Innenstadt-Hummeln“ kein einziges Volk.

Die „Land-Hummeln“ konnten spätestens vier Wochen nach dem Start des Versuchs keine Vorräte mehr an Nektar oder Pollen anlegen, offensichtlich gab es zu wenig Nahrung. In der Umgebung waren die Raps-Felder verblüht. Die Vorräte wurden im Juni auch bei den anderen Hummeln weniger, stiegen später aber wieder an. Zu jedem Zeitpunkt fanden die Forscher wenigstens geringe Vorräte an Nektar und Pollen.

Die Lehre daraus

Städtische Bereiche wie Vororte mit privaten Gärten und Innenstädte mit öffentlichen Parks, blühenden Verkehrsinseln und Kreisverkehren usw. sind sehr wichtige Rückzugsräume für unsere Hummeln. Hier können sie deutlich besser existieren, weshalb auch hier der Hummelschutz besonders erfolgreich Früchte tragen dürfte.

Die ländlichen Regionen bleiben wegen der intensiven Landwirtschaft ein sehr großes Problem. Gesetzliche Vorgaben reichen offenbar weiterhin nicht dafür aus, dass Hummelpopulationen sich dort gut entwickeln können. Hier ist der Gesetzgeber mit strengeren Vorschriften und einer Anpassung der Subventionen gefordert.

Meine offenen Fragen nach der Studie

Untersucht wurde Bombus terrestris, eine ausgesprochen anspruchslose Art, die sich sehr gut an die städtischen Bedingungen angepasst hat und einer der wenigen Hummelarten ist, die in ihrem Bestand nicht zurück geht, sondern sich eher vergrößert.

Daher überraschen die Ergebnisse nicht. Wenn es aber schon der anspruchslosen und anpassungsfähigen Art auf dem Land schlecht geht: Wie geht es dann erst den dort existierenden seltenen Arten? Oder kommen sie besser dort zurecht? Die Studie lässt das zwangsläufig offen.

Auch bleibt offen, ob der ganze Hummelschutz in den Städten mit dem Anlegen von Blühwiesen usw. überhaupt allen Hummeln hilft – oder nur denjenigen Arten, die dort ohnehin vorkommen und an die Stadt angepasst sind, also, dass nur die häufigen Arten davon profitieren.

Literatur

  • Ash E. Samuelson, Richard J. Gill, Mark J. F. Brown, Ellouise Leadbeater, 2018: Lower bumblebee colony reproductive success in agricultural compared with urban environments. In: Proc. R. Soc. B 2018 285 20180807; DOI: 10.1098/rspb.2018.0807.

4 comments on “Stadt-Hummeln geht es besser als auf dem LandKommentar verfassen →

  1. Guten Tag
    Ich bin dieses Jahr sehr positiv überrascht, da ich schon monatelang unglaublich viele Hummeln im Garten habe. Die meisten sind unglaublich groß. Sind das schon Jungköniginnen für nächstes Jahr? Es handelt sich um die Dunkle Erdhummel.
    Hatte im Frühjahr zwar einen Nistkasten aufgestellt, der aber nicht angenommen wurde. Probiere es im nächsten Frühjahr wieder.
    Gruß Uwe

  2. Nachdem im 2-ten Jahr schon wieder meine Hummeln durch Wachsmotten komplett zerstört wurden, suche ich noch immer nach einer vernüftigen Lösung.
    Weder Lavendel noch Türchen haben einen Erfolg gezeigt.
    Man empfiehlt mir daher mit Spezialpads (Bienenschutz) den Hummelkasten auszustatten.

      1. Bei uns (Stadtquartier mit Garten, Nähe Wald) hatten Erdhummeln ein Mausloch bezogen. War so schön, sie zu beobachten. Jetzt ist alles vorbei – ein Dachs hat das ganze Nest ausgeraubt und zerstört! Überall Scheisslöcher, angefangene Wohntunnels (konnte ihm das mit Urin verleiden) und die ganze Wiese „vertikutiert“. Der schafft mich, mit meinen 80 Jahren krieg ich das nicht mehr hin. 😥

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