Wie kann man gleichzeitig älter werden, aber dennoch mindestens so klug sein wie in jungen Jahren, wenn nicht klüger? Bei Bienen klappt das, ihr Gehirn nutzt einen Trick – und Alzheimer-Medikamente arbeiten genauso.
Was muss eine Biene oder eine Hummel lernen?
Haben es die Bienen und Hummeln nicht schwer? Zum Sammeln von Nektar und Pollen müssen Bienen und Hummeln
- ihren Flug koordinieren,
- navigieren,
- sich den Standort des Nests merken und
- auf Sinneseindrücke wie den Duft und die Farbe einer Blüte achten und
- alle Informationen augenblicklich auswerten.
- Bienen müssen sich außerdem auch den Standort der Blüten merken.
Diese Aufgaben sind ausgesprochen schwierig, erst recht für ein kleines Insektengehirn. Nicht umsonst sind solche Leistungen nur von wenigen Insekten bekannt.
Die Alten – nicht die Jungen – müssen die schweren Aufgaben lernen
Zum Sammeln fliegen dabei ausgerechnet diejenigen aus, die schon etwas älter sind. Die jungen Bienen bleiben im Stock und helfen bei der Aufzucht des Nachwuchses, die alten müssen zum Sammeln.
Zusammenhang zum Menschen: Die Rolle von Acetylcholin beim Lernen ist bei Biene und Menschen gleich
Die erforderliche Gedächtnisleistung wird von speziellen Nervenzellen im Gehirn erbracht, die sich untereinander durch einen Botenstoff, den sog. Neurotransmitter Acetylcholin verständigen. Acetylcholin ist ebenfalls ein sehr wichtiger Botenstoff im menschlichen Gehirn und sein Auftreten wird bei Bienen und dem Menschen von einem anderen Wirkstoff, der Acetylcholinesterase reguliert.
Merke:
Die Acetylcholinesterase baut das Acetylcholin ab, seine Konzentration sinkt. Kommt wenig Acetylcholinesterase vor, steigt die Acetylcholinkonzentration an.
Zum Lernen wird ein reger Austausch zwischen den Nervenzellen benötigt

Für das Lernen ist eine hohe Acetylcholinkonzentration wichtig. Dadurch wird eine Nervenzelle stärker und länger angesprochen, als dies sonst der Fall ist. Eine abzuspeichernde Information wird so für die Nervenzelle viel wichtiger, so dass die Information besser behalten wird.

Im Alter funktioniert das Lernen nicht mehr so gut. Können die Insekten deshalb auch im Alter so gut lernen, weil sie viel Botenstoff, also viel Acetylcholin im Hirn haben? Sind die „Fressmonster“ (Acetylcholinesterase) nicht so aktiv, so dass viel ACh übrig bleibt?
Versuch: Wie groß ist die Acetylcholinesteraseaktivität bei Sammlerinnen?
Im Versuch haben Forscher getestet, wie aktiv die Acetylcholinesterase im Gehirn von Sammlerinnen (alt) und Stockbienen (jung) ist. Dabei zeigte sich, dass die alten Sammlerinnen eine um 20 – 65% verringerte Acetylcholinesteraseaktivität als die jungen Stockbienen haben. Die alten Bienen hatten also viel mehr Acetylcholin im Gehirn und konnten deshalb die schwierigen Aufgaben sehr gut lernen – evtl. sogar besser als die jungen Bienen1.

Die geringere Acetylcholinesteraseaktivität ist keine Folge des Sammelns, sondern lediglich eine Folge des Alterns, stellten die Forscher fest. Dabei ist die Acetylcholinesteraseaktivität deshalb so gering, weil das entsprechende Gen nicht mehr so häufig abgelesen wird wie noch in „jungen Jahren“.

Alzheimer-Medikamente arbeiten ähnlich
Heutige Alzheimer-Medikamente nutzen den gleichen Trick. Sie enthalten einen Wirkstoff, der die Acetylcholinesterase (die „Fressmonster“) hemmt. Die Folge ist ein erhöhter Acetylcholin-Spiegel im Gehirn, so dass dieses wieder leistungsfähiger wird. Die Alzheimer-Patienten können wieder besser lernen.
Literatur
- Shapira, M, Thompson, CK, Soreq, H, Robinson GE, 2001: Changes in Neuronal Acetylcholinesterase Gene Expression and Division of Labor in Honey Bee Colonies. In: Journal of Molecular Neuroscience, Vol. 17, 2001, p. 1 – 12
Fußnote
1: Ob „besser“ oder „gleich gut“ lässt sich nicht testen, da die Stockbienen keine vergleichsweise komplexen Aufgaben haben. Geht man davon aus, dass das Gehirn einer Biene nicht wesentlich verschleißt, können Sammlerinnen besser lernen. Zurück…
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